Am 19. Juli 1992 wurde der Richter und Mafia-Jäger Paolo Borsellino in der Via D’Amelio in Palermo auf Sizilien vor dem Haus seiner Mutter durch eine Autobombe von der Cosa Nostra ermordet. Jedes Jahr erinnert Italien an diesen Tag, bei dem unter anderem in Palermo Gedenkfeiern stattfinden. Erst zwei Monate zuvor kam sein Freund und Kollege Giovanni Falcone ebenso durch eine Bombe ums Leben.

Gedenkfeier 2022: Sergio Mattarella im Gespräch mit Rita Borsellino
Gedenkfeier 2022: Sergio Mattarella im Gespräch mit Rita Borsellino | corriere.it

Die beiden Attentate 1992

Mit Borsellino wurden auch fünf seiner Leibwächter ermordet, darunter die erste Frau, die für ihn als Leibwächterin tätig war: Emanuela Loi, Agostino Catalano, Vincenzo Li Muli, Walter Eddie Cosina und Claudio Traina. Als Einziger hatte Antonino Vullo das Attentat überlebt.

Strage di Capaci -Das tödliche Attentat auf Falcone

Erst zwei Monate zuvor, am 23.05.1992, wurde der engste Verbündete von Borsellino, Giovanni Falcone, bei einem ähnlichen Attentat in Capaci ebenso von der sizilianischen Cosa Nostra ermordet.

Die Mafia deponierte die Bombe in einem Abwassertunnel unterhalb der Straße der Autobahn A29 Richtung Palermo. Als Falcone wie jeden Freitag diese Straße nahm, verfolgte ihn Gioacchino La Barbera, ein Mafioso aus Altofonte, mit seinem Auto vom Flughafen Punta Raisi in Palermo bis zur Abzweigung nach Capaci. Gleichzeitig stand er in telefonischem Kontakt mit Giovanni Brusca und Antonino Gioè, dem Oberhaupt der Familie Altofonte, die beide auf den Hügeln oberhalb von Capaci standen und die Sache beobachteten.

Nachdem das Telefongespräch beendet war, zündeten die beiden nur 3 bis 4 Sekunden nach dem Gespräch um 17:58 Uhr, betätigte Brusca die Fernsteuerung, die eine Bombe von 1000 kg TNT in Fässern in einem Abwassertunnel unter der Autobahn auslöste.

Das erste Auto der Fahrzeugkolonne von Falcone, der braune Fiat Croma, wurde von der Fahrbahn in einen mehr als zehn Meter entfernten Olivengarten geschleudert. Dabei starben die Agenten Montinaro, Schifani und Dicillo.

In dem zweiten Auto, dem weißen Fiat Croma, saßen Falcone mit seiner Frau und eine weitere Person. Falcone und seine Frau waren nicht angeschnallt, weshalb sie durch das Abbremsen gegen die von der Explosion plötzlich aufgeworfenen Mauer aus Beton und Trümmern fuhren.

Im dritten Auto, dem blauen Fiat Croma, saßen Beamte, die mit etwa zwanzig weiteren Personen, die sich zum Zeitpunkt des Bombenanschlags in ihren Autos befanden, verletzt wurden.

Rund zwanzig Minuten nach dem Attentat wurde Giovanni Falcone in Begleitung einer Autokolonne und eines Carabinieri-Hubschraubers in das Städtische Krankenhaus von Palermo gebracht. Falcone verstarb um 19.05 Uhr, eine Stunde und sieben Minuten nach dem Attentat, nach mehreren Wiederbelebungsversuchen, aufgrund der Schwere seiner Kopfverletzung und der inneren Verletzungen. Seine Ehefrau Francesca Morvillo, ebenso Richterin, starb gegen 22:00 Uhr während einer Operation.

Die „rote Agenda“

Mit dem Tod von Borsellino und Falcone ist viel Wissen über die Mafia verloren gegangen. Borsellino trug stets seine „rote Agenda“ mit sich, in der er sämtliche Informationen zur Mafia aufbewahrte. Die „rote Agenda“ ist seit dem Attentat verschwunden. Bis heute ist die Schwester von Borsellino, Rita Borsellino, die führende Aktivistin im Kampf gegen die Mafia.

Zu Ehren von Giovanni Falcone und Paolo Borsellino wurde der Flughafen in Palermo nach dem Tod beider Persönlichkeiten in „Aeroporto Falcone Borsellino“ umbenannt.