Die Renaissance (Italienisch: Rinascimento), die in Italien in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhundert entstand und im 15. und 16. Jahrhundert ihre Blütezeit hatte, nach Giorgio Vasari mit der Geburt von Cimabue im Jahr 1240 bis zum Tod Michelangelos im Jahr 1564 reichte, ist durch tiefgreifende Veränderungen des Menschenbildes bestimmt, was in der Kunst zu einer vollkommen neuen Form der Ausdrucksweise führte. Sie gilt bis heute als Übergangszeit zwischen dem Mittelalter zur Neuzeit.
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Italien in der Renaissance
Italien in der Renaissance wurde von reichen und mächtigen Städten, den Signorien, regiert. An der Spitze der Signoria stand der Signore, der entweder aus einer reichen, alteingesessenen Adelsfamilie stammte, wie die Gonzaga aus Mantua oder die d‘Este aus Ferrara, oder irgendwie zur Spitze emporsteigen konnte wie die Sforza in Mailand, die eigentlich ursprünglich Bauern waren und später Herzöge der Lombardei wurden, oder kompromisslose Tyrannen waren wie Federico da Montefeltro in Urbino, der schlicht ergreifend seinen Halbbruder Oddantonio da Montefeltro von einem Dutzend Männer niedermetzeln ließ, auch wenn man ihm das bis heute nicht eindeutig nachweisen konnte oder nicht zu vergessen die Signori, die ihren Aufstieg als Regent der Signoria dem Nipotismus des Klerus verdankten wie Cesare Borgia, der Sohn von Papst Alexander VI.
So gab es in Italien zwischen dem 13. und 15. Jahrhundert eine Vielzahl an mächtigen Signorien wie die der Medici in Florenz, die Sforza in Mailand, die Gonzaga in Mantua, die Petrucci in Siena, die Farnese in Parma und Piacenza und die Malatesta in Rimini, in denen die Kunst, Kultur und Wissenschaft weiter vorangetrieben wurde.
So soll es allein in Florenz um die 90 Banken im 14. Jahrhundert gegeben haben. Der Handel florierte, Prachtbauten, einer schöner als der andere, entstand unter den Eliten wie die der Medici, Bardi, Pitti und Rucelli.
Durch die vielen Signorien und Stadtherrschaften sowie durch die kirchlichen Einflüsse kam es ständig zu Auseinandersetzungen zwischen den unabhängigen Staatengebilden, die dadurch mit anderen Signorien oft Koalitionen eingehen mussten, um sich verteidigen und an der Macht bleiben zu können.
Dafür bedienten sie sich ihres Geldes und auch der Diplomatie, aber auch oft durch rohe Waffengewalt. Man konkurrierte jedoch nicht nur um die Vorherrschaft, den Einfluss und die Macht über ein Gebiet, sondern auch um die besten Gelehrten und Künstler.
Es wurde viel erfunden und entdeckt
So ist die Zeit der Renaissance von vielen Entdeckungen und Erfindungen geprägt wie 1492 die Entdeckung Amerikas von Christoph Kolumbus und der Buchdruck um 1450 durch Johannes Guttenberg und die damit verbundene Verwendung von Tinte und Papier, statt Pergament als Schreibutensilien. Die Stadtuhr wurde erstmals als an einem Turm angebracht, die nun den Tagesablauf und die Arbeit regulierte. Schaute man doch bisher stets auf die von Gott gelengten Gestirne wie Sonne, Mond und Sterne, die die Zeit angaben.
Aber auch Erleichterungen im Alltag wurden erfunden wie die Brille, das Spinnrad und in Florenz zudem die doppelte Buchführung und der Geldwechsel, weshalb viele der italienischen Städte zu einflussreichen Handelsstädten wie Florenz, Venedig, Genua und Mailand aufstiegen. Arabische Kaufleute brachten die arabischen Zahlen nach Italien, die das weitaus kompliziertere römische Zählsystem schließlich ablösten.
Der Buchdruck war jedoch die wohl bedeutendste Erfindung der Renaissance, denn damit konnten Künstler wie Raffael und Albrecht Dürer, die als erste Druckgrafiken ihrer Kunstwerke anfertigten, einem breiteren Publikum zugänglich machen, die sich schnell in ganz Europa verteilten. Albrecht Dürer signierte zudem mit als erster seine Werke mit seinen Anfangsinitialien. Das war neu in der Renaissance, denn bisher signierten Künstler ihre Werke nicht. Das angefertigte Werk gehörte stattdessen stets dem Auftraggeber.
Das neue Menschenbild der Renaissance
Doch in der Renaissance änderte sich das Menschenbild. Maler sahen sich nun nicht mehr als Handwerker, sie waren Schöpfer, ähnlich wie Gott. Sie konnten mit ihren eigenen Händen ebenso wie Gott Dinge erschaffen, ihre eigene Kreativität ausleben, etwas Neues erschaffen, weshalb sie sich als Künstler bezeichneten. Sie blieben dennoch gottesfürchtig, jedoch stand nun in der Kunst im Mittelpunkt der Mensch selbst und nicht mehr Gott. Der Mensch wurde als eigenständiges Individuum gesehen, mit einem eigenen Ich, einer eigenen Persönlichkeit, einem gewissen Status und einem gewissen Selbstbewusstsein, was insbesondere im Werk um 1500 von Albrecht Dürer (1471-1528) hervorragend zur Geltung kommt.
Dürer, der im Laufe seiner Künstlerkarriere auf seinen Reisen nach Venedig Unmengen an Landschaftsaquarellen anfertigte, hatte auch eine Vorliebe für Selbstbildnisse. Sein erstes Selbstportrait malte er im zarten Alter von 13 Jahren, wo sein Talent bereits gut erkennbar war. Um 1500 malte er dann ein Selbstbildnis, bei dem er frontal den Betrachter anschaut, gekleidet mit einem dunkelroten schweren Pelz, welcher zur damaligen Zeit unter den Besserbetuchten Mode war und die rechte Hand so hielt, als würde er etwas greifen wollen. Seine langen lockigen blonden Haare, seine auffällige Pose und der Pelz erinnern an Jesus Christus, der häufig so abgebildet wurde, zwar nicht im Pelz, aber dafür in der gleichen frontalen Ansicht wie man auch schön beim Bild „Salvator Mundi“ von Leonardo da Vinci (1452-1519) sehen kann, das wahrscheinlich zur gleichen Zeit um 1500 entstand.
Das Selbstbildnis von Dürer war also eine Provokation. Wie konnte sich Jemand wie Jesus Christus abbilden lassen? Dürer war keineswegs ein Gotteslästerer, im Gegenteil: Er stellte sich auf eine Stufe wie Gott und wollte damit den Betrachter sagen: „Sieh her, auch ich kann etwas Eigenes mit meinen Händen kreieren, genau mit der Hand, die du Betrachter siehst. Ich bin ein Künstler und kein Handwerker.“
Die Künstler der Renaissance sahen sich als Träger von etwas Göttlichem, wie Jacopo Veneziani, ein italienischer Kunsthistoriker, in der Sendung „Le parole delle Settimane vom 17.04.2021, erklärt. Dürer signierte sein Bild wie immer mit seinen Initialen. Sein Erfolg ließ nicht lange auf sich warten, aber auch nicht auf dreiste Fälscher, die die Meisterwerke von Dürer kopierten. Albrecht Dürer überlegte, wie er diesen das Handwerk legen könnte und drohte ihnen mit einem Zweizeiler unter seinem Werk, das er abdrucken ließ – auch das war neu.
Natürlichkeit und Schönheit statt Strenge
Die Kunst in der Renaissance wendet sich Schritt für Schritt vom strengen gotischen Stil ab, der immer noch in der Frührenaissance stark vertreten ist. Das Menschenbild wird in seiner Umwelt und in seiner Lebenssituation in all seinen Facetten studiert und gemalt. Die grande vivacità, die die Proportionen und Perspektive durch Symmetrie und Ordnung so naturgetreu wie möglich abbilden soll, spielt dabei eine große Rolle. Der Künstler ist nun nicht mehr Handwerker, er ist vielmehr ein schöpferisches Individuum.
Charakteristisch für die Renaissance ist das Streben nach Harmonie und Schönheit, wobei die Kunst der Antike eine große Rolle spielt. Künstler der Renaissance übernehmen antike griechische und römische Elemente wie die Säulenanordnung und den Porticus, jedoch entwickeln sie daraus ihren eigenen Stil, der die Antike lebendig und nicht kopiert zeigen soll.
Der David von Michelangelo
Michelangelo Buonarrotti (1475-1564) erhielt nur zwölf Tage nach der Ausrufung der Republik am 4. August 1501 in Florenz einen Auftrag von der reichen Zunft der Wollhändler, der Arte della Lana. Er sollte einen David kreieren. Für die Erschaffung erhielt Michelangelo einen Marmorblock, an dem sich bereits 40 Jahre zuvor Agostino di Duccio (1418-1481) versucht hatte.
Drei Jahre lang sollte er an der 4,10 m hohen Statue beschäftigt sein, bevor diese dann vollendet war und auf dem Hauptplatz der Stadt Florenz vor dem Palazzo Vecchio aufgestellt wurde. Zum ersten Mal seit 1.000 Jahren wurde wieder eine nackte Statue auf einem öffentlichen Platz ausgestellt. Das war eine Sensation.
Die Statue bricht alle bisherige Traditionen in der Darstellungsweise des Davids. Michelangelo stellte den David nicht wie üblich als Sieger mit dem Kopf des Riesen zu Füßen und mit dem Schwert in den Händen dar, sondern als einen Jüngling vor der Schlacht. Gut zu sehen ist der ausgearbeitete Kontrapost, der in der griechischen Kunst, besonders in den Heroenbildern, aufkam. Dabei ist die linke Seite der Statue ruhig und standfest dargestellt, die rechte hingegen dynamisch mit den wilden Haarlocken und dem ausgestellten Fuß. Die ausgearbeiteten Muskeln und Sehnen, die sich um den ganzen Körper ziehen, zeigen Willenskraft und Stärke.
Die Perspektivmalerei kehrt ein
Aber auch die Malerei hat Neues zu bieten. In der Renaissance werden nun Ölfarben in der Perspektivmalerei und der Erforschung der Proportionen eingesetzt. Die Entwicklung der Zentralperspektive kann als eine der wichtigsten Neuerungen der Renaissance angesehen werden. Als erste wissenschaftlich-mathematische Konstruktion gilt dabei die Kuppel der Kirche Santa Maria del Fiore in Florenz, die Filippo Brunelleschi (1377-1446) in den Jahren ab 1420 erschaffen hat.
Zum ersten Mal bedienten sich Bildhauer auch an Materialien wie Bronze, Porphyr und Marmor. Lorenzo Ghiberti (1378-1455) erschuf am Baptisterium in Florenz Bronzetüren, die Paradiespforten, die als die ersten großen Meisterwerke der Renaissance gelten.
Masaccio (eigentlich Tommaso di ser Giovanni di Mone di Andreuccio, 1401 – 1428) wandte die Perspektivmalerei als einer der ersten auf diesem Gebiet in der Zeit um 1426/27 in seinem Fresko „Dreifaltigkeit“ in der Kirche Santa Maria Novella in Florenz erstmals an.
Die Gotik bediente sich noch der mittelalterlichen Malerei, die zweidimensional aus einem Hintergrund und einem Vordergrund bestand. Die Darstellungen sahen flach aus. Erst mit der Einführung der Zentralperspektive konnte eine dreidimensionale Darstellung entfaltet werden. Durch diese neue Technik rückte das Werk in eine subjektive Beziehung zur betrachtenden Person.
Die Perspektive von Andrea Mantegna
Ein Meister der Perspektive war sicherlich der italienische Maler und Kupferstecher Andrea Mantegna (1431-1506). Mit seinem Bild die „Beweinung Christi“, das wahrscheinlich je nach kunsthistorischer Ansicht zwischen 1457-1501 entstand, lädt er förmlich den Betrachter ein, an der Szene teilzuhaben. Die Figur des Erlösers verfolgt den Betrachter, egal welche Stellung dieser einnimmt. Der Blick des Betrachters wird von den Füßen über die Gewandfalten hinweg auf die weiteren Wunden gelenkt, was somit zwangsweise den Betrachter zur gefühlmäßigen Anteilnahme zwingt.
In der Camera degli Sposi, dem Schlafgemach des Markgrafen Ludovico Gonzaga, befindet sich ein weiteres von Mantegna angefertigtes Bild, oder besser gesagt, ein ganzer bemalter Raum, der ebenso als Meisterwerk der Perspektive gilt. Besonders die Deckenmalerei ist hier hervorzuheben, handelt es sich doch um eine Scheinöffnung, die den Betrachter in die Froschperspektive zwingt. Putten, Frauen, ein Pfau, Wolken und ein Blumentopf werden von unten her betrachtet.
Demonstration des gesellschaftlichen Status
Es entstehen also mit den Ölfarben neue Genres wie die Portrait- und Landschaftsmalerei. Dadurch widmet sich die Kunst der Renaissance nicht nur ausschließlich religiöser Themen wie es noch zu Zeiten der Romanik und Gotik war, sondern fokussiert sich zunehmend auf die Demonstration des gesellschaftlichen Status, des Reichtums, der Macht und der Repräsentation einer Persönlichkeit wie man anhand von Dürers Selbstbildnis von 1500 gut erkennen kann. Durch das Tragen eines Pelzes, was reicheren Persönlichkeiten vorbehalten war, zeigt er zugleich seine Zugehörigkeit, seinen Status. Er ist nun nicht mehr ein einfacher Handwerker, der von der Hand zum Mund lebt, sondern gewinnt zunehmend durch den Verkauf seiner Bilder dank der Erfindung des Buchdrucks an Bekanntheit und Einfluss in der Kunstelite. Als er schließlich in Nürnberg einen großen Stadtpalazzo kaufte, der seit seiner Reisen nach Venedig sein Traum war, war sein hohes Ansehen in der Stadt endgültig besiegelt.
Gold und Stoffe
Bis zur Renaissance wurde Blattgold für eine goldfarbene Ausschmückung verwendet. Erst in der Renaissance wurde mit der Verwendung der Ölfarbe auf Holz und Leinwand der Goldton durch das Mischen von gelber, weißer und brauner Farbe erzielt. Man erkannte, dass Stoff hervorragend durch mehrere Lagen übereinandergelegter Ölschichten dargestellt werden konnte. So konnten schöne Gewänder, Brokat, Samt und der Faltenwurf naturgetreu abgebildet werden.
Gefühlsdarstellungen werden wichtig
Allerdings sei hier anzumerken, dass die Kunst der Renaissance keineswegs in ganz Italien gleichzeitig entstand. Es gab große regionale Unterschiede. So gab es die Renaissance in der Toskana, die vor allem in Florenz blühte, bereits seit der Mitte des 14. Jahrhunderts, in Venedig bildete sich dagegen ein eigener Stil, der Norden und damit Mailand stand noch eine Weile länger unter gotischen Einflüssen. Zudem gab es Naturkatastrophen wie die Pest, die besonders in Florenz wütete und sich damit auch auf die Entwicklung des Kunststils auswirkte.
Giotto di Bondone
Giotto di Bondone (1267/1276-1337), der von einigen Kunsthistorikern zur Gotik, von anderen wiederum als einer der ersten Vertreter der Renaissance zugerechnet wird, malte in der Scrovegni-Kapelle eine der faszinierenden Fresken der Kunst. Zum ersten Mal in der italienischen Kunstgeschichte wird ein Kuss dargestellt und zum ersten Mal fließen Tränen. Gefühle werden nun nach und nach mit eingebaut wie man später auch in Mantegnas Werke mit trauernden, weinenden Personen und vor Schmerz verzehrten Gesichtern gut sehen kann. Der Mensch nimmt also individuelle Züge an.
Detailreichtum und Schatten
Die Natur wird nun ebenso detaillierter ausgearbeitet. Vorher nahm der Hintergrund oft wie in der byzantinischen Kunst eine goldene Farbe an. Jetzt dominieren göttliche und wissenschaftliche Gesetzmäßigkeiten wie das Blau des Himmels, weiße Wolken, Früchte, Pflanzen mit detailliert ausgearbeiteten Blättern und Blüten, Vögel und ganze Landschaften.
Der Schatten findet im 15. Jahrhundert ebenso Einkehr in die Malerei. Während bei Masolino da Panicale (1383-1447) in seinem 1427 entstandenen Bild „Tentazione di Adamo ed Eva“ die beiden Hauptakteure Adam und Eva noch fast im gotischen Stil vor einem einfarbigen Hintergrund stehen, so bedient sich Masaccio (1401-1428) in seinem Bild „Vertreibung aus dem Paradies“ ebenso aus dem Jahr 1427 bereits dem Schatten. Schön erkennbar sind die Gefühle von Adam und Eva, die leidend und weinend das Paradies verlassen.
Renaissance ist Periode der Erfindungen
Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass die in Italien geborene Renaissance eine Periode der Entdeckungen und Erfindungen war. In der Malerei kehren die Perspektive, der Schatten, Ölfarben, neue Farbmischungen und Materialien ein, die schließlich zu neuen individuellen und natürlichen Menschendarstellungen und auch Landschaftsmalereien führten. Detailreichtum war bei der Ausschmückung von Bildern wichtig. Das Schöne, die Ordnung und die Symmetrie sollten Ausdruck finden, die auch in der Architektur und Bildhauerei ihren Platz fanden. Man besinnte sich zurück auf antike griechische und römische Elemente, die man für neue Werke nun individualisierte. Man kopierte nicht, sondern versuchte, stets etwas Neues und Schönes zu schaffen. Der Künstler sah sich nun nicht mehr als Handwerker, er sah sich als schaffendes Individuum.