Die Vielfalt an traditionellen Behausungen ist in Italien groß. Sie unterscheiden sich sowohl in der Struktur und Baumaterialien als auch in den architektonischen Formen. Bekannte Beispiele traditioneller italienischer Haustypen sind die Höhlenwohnungen in Matera, die Trulli in Alberobello und die Walserhäuser in den piemontesischen Alpen.
Fensterlose Häuser als einfache Bauformen
Die einfachsten Bauformen sind fensterlose Häuser mit einem Raum, die keinen Schornstein besitzen. Sie haben lediglich eine Feuerstelle in der Mitte und wurden insbesondere in einigen Dörfern auf Sardinien wie in der Gemeinde Orgosolo und auch in Kalabrien in der Gemeinde Vallelonga errichtet. Im Latium waren insbesondere Strohhütten in einigen Bauerndörfern verbreitet. Noch vereinzelt findet man heute diese traditionellen Haustypen in den Regionen.
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Die Einzigartigkeit der apulischen Trulli
Dagegen ist weniger selten das Landhaus, das nur aus einem Erdgeschoss besteht. Zwischen den Regionen unterscheiden sie sich insbesondere in den Baumaterialien und Bauweisen. Ein gutes Beispiel für ein Landhaus liefern die apulischen Trulli.
Bei den Trulli muss man jedoch zwischen zwei sehr unterschiedlichen Varianten unterscheiden: Es gibt den kreisförmigen Trullo in Form eines Kegelstumpfes, aber auch den sich überlappenden Kegelstumpf, der heute nur noch als vorübergehender Unterschlupf oder zur Aufbewahrung von Werkzeugen oder Vorräten dient. Dieser Typ ist der ursprüngliche Bautyp, aus dem sich der kreisförmige Trullo in Form eines Kegelstumpfes entwickelte. Beide Typen sind aus trockenen Steinen ohne Mörtel gebaut.
Diese Art der Behausung findet sich heute noch vor allem in Alberobello in Apulien. Seit 1996 gehöret das Viertel, das nur aus Trulli besteht, zum UNESCO-Weltkulturerbe.
Die typischen Landhäuser in Apulien
In Apulien weit verbreitet sind indes Häuser, die seltener ein Obergeschoss haben, vielmehr aus nebeneinander liegende Räume bestehen, die als Wohnung, Lager und Stall fungieren. Sie weisen ein gewölbtes Dach (làmia) auf. Im Großen und Ganzen handelt es sich dabei um ein Bautypus mit ägäischen und nordafrikanischen Affinitäten, die aus der Knappheit an Holz resultiert. Daher wird dieser Hausbautyp auch als mediterraner Typus bezeichnet. Oft weisen Häuser im ähnlichen Baustil in Neapel, Salerno und auf den Äolischen Inseln Gewölbe auf. Diese können verschiedene Formen wie Tonnen- und Kreuzgewölbe aufweisen. Loggien, Terrassen und schräge Mauern, machen den Capri-Stil aus, der sich auf Capri, in Amalfi und Positano wiederfindet.
Die Casoni und ihre Strohdächer
Die casoni der unteren venetischen Ebene sind ebenso einstöckige Häuser, die sich insbesondere durch ein hohes pyramidenförmiges Strohdach auszeichnen, das auf Mauern aus sonnengetrockneten Lehmziegeln ruht. Diese casoni waren früher Dauerwohnungen in der Gegend um Padua und Venedig. Ein kleiner in die Fassade eingeschnittener Vorbau diente als Abtrennung der Innenräume. Die Küche wird durch einen großen, hoch gemauerten Kamin gestützt. Der Zugang zum Dachboden erfolgte über eine Handleiter. Heute werden die casoni in der Regel nicht mehr als Dauerwohnstätte genutzt, sind aber noch zum Teil zugänglich. Auch im östlichen Alpenraum sind Strohdächer zu finden.
Lehmhäuser mit Ziegeldächer
Lehmhäusern, die in Verbindung mit Stroh und Lehm gefertigt werden und die sich nur auf das Erdgeschoss beschränken, finden sich in Kalabrien, Teramo und Chieti in den Abruzzen, Liri-Tal (Valle del Liri), in der Mitte der Basilikata (früher Mittellukanien) und in Südsardinien. Diese Lehmhäuser werden je nach Region als pinciaia oder brestara bezeichnet und sind heute meist im Leerstand vorzufinden. Die Dächer sind mit Ziegeln und Embrici eingedeckt.
Die Lehmbauten von Ciociaria
In der Ebene von Ciociaria existieren einstöckige niedrige Häuser bestehend aus Lehm, roten Ziegeln oder Holzplatten sowie einer Loggia und einem Dach mit geringer Neigung. Diese Bauten wurden und werden als Dauerwohnungen von Bauern in der Ebene genutzt, waren jedoch ursprünglich nur als saisonale Unterkünfte vorgesehen. Ebenso sind diese Behausungen auch in Kalabrien üblich.
Farblich abgesetzte Lehmhäuser auf Sardinien
In Barbagia auf Sardinien kommt ein wenig Farbe mit ins Spiel. Hier werden traditionelle einstöckige Häuser mit Trockenmauern, schmalen Fenstern und bemalten Tür- und Fensterrahmen gebaut. Angrenzend findet sich auf dem kleinen vorgelagerten Hof ein Anbau, im Prinzip ein Holzschuppen, der auch als Eselstall genutzt wird.
Die Sassi in Matera
Matera in der Basilikata mit seinen in den Felsen eingehauenen Höhlenwohnungen, den Sassi, wurde 2019 zur Kulturhauptstadt gewählt. Diese Behausungen waren in mehrere Bereiche aufgeteilt. So gab es einen Bereich für die Tiere, einen Brunnen, ein Schlafteil und ein Wohnbereich. Jedoch verschmolzen alle Wohneinheiten miteinander. Die Sassi werden als begrenzte Auswirkung des Pauperismus betrachtet.
Der weitverbreitete italienische Haustyp
Der traditionelle italienische Haustyp, früher oft als „latinou“ bezeichnet, ist ein zweistöckiger Mauerwerksbau mit einem Dach mit zwei leicht geneigten Schrägen, die mit Ziegeln und Bossen gedeckt ist. In der Regel erfolgt der Zugang zum Obergeschoss über eine Außentreppe, die größtenteils von einer Loggia überdacht wird und die an die Hauswand angelehnt ist.
Vollständig halber muss jedoch auch gesagt werden, dass statt einer Außentreppe insbesondere im Süden, beispielsweise in Sila, auch eine Zugbrücke zwischen der Treppe und dem Eingang zum Obergeschoss, genutzt wurde.
Die Aufteilung der Räume
Die Aufteilung der Räume erfolgt nach einem Grundprinzip: In der Regel sind die Küche und das Bad im Erdgeschoss. Im Obergeschoss befinden sich dann die weiteren Zimmer wie das Schlafzimmer. Zumeist ist die Küche als Wohnküche gestaltet, in der auch ein Sofa und der Fernseher steht. Der Dachboden, oft an zwei Seiten offen gestaltet, dient hauptsächlich als Lagerraum, auch für Nahrungsmittel. Im Val di Chiana wurden die Räume in der Regel größer gestaltet, was ein Merkmal dieses Tals darstellt.
Die Nebengebäude
Nebengebäude sind eher klein und spärlich gehalten, die jedoch auch häufig über diverse Ställe für Schweine und Hühner, einen Schuppen und einen Backofen verfügen. In Städten ist unter dem erhöhten Erdgeschoss statt der Nebengebäude ein größerer Raum geschaffen, der als Garage wie auch als Werkstatt, Kochnische und Waschraum gleichzeitig verwendet wird. In der Regel sind im Mauerwerk in diesem Raum verschließbare Nischen eingearbeitet, in der Holz gelagert wird.
Dieser Haustyp ist in Italien der am weitesten verbreitete und kann somit vom Alpenraum bis in den Süden nach Kalabrien angetroffen werden.
Die Dachgestaltung
Die Dachgestaltung erfolgt zumeist durch Ziegel und Bossen, kann aber auch wie häufig in Ligurien anzutreffen, durch Kalkstein- oder Schieferplatten ersetzt werden. In Agerola und Scala, auf der Halbinsel von Sorrent, erinnert die Dacheindeckung mit Schindeln an alpine Formen.
Der alpine Haustyp
Der alpine Typ des traditionellen italienischen Hauses ist auf der Südseite in der Regel zumindest zum Teil gemauert.
Er besteht aus zwei Etagen und einem Dachgeschoss, das mehr oder weniger offen oder mit einer Holzverschalung geschlossen ist. Das Dach verfügt über zwei leicht geneigte Schrägen, das mit Holzschindeln oder Steinplatten gedeckt ist. Die markante Fassade schützt die Holzbalkone, die sich entlang der Fassade befinden. Oft werden hier Feldfrüchte zum Trocknen aufgehängt. Zum Haus zugehörig ist manchmal auch eine Scheune, die jedoch weiter vom Haus entfernt gebaut wird. Im Haus selbst befinden sich die Wohnräume, Lagerräume und Stallungen, weshalb dieser Haustyp über mehrere Etagen verfügt.
In Courmayeur im heutigen Aostatal gab es eine abweichende Struktur: Hier diente ein einziger großer Raum als Küche, Schlafzimmer und Stall. Der Rest des Gebäudes wurde als Lagerraum genutzt.
Eine besondere Form gibt es auch in den Gebieten von Venezia Giulia. Die slawisch-deutschen Formen stellen große Massivhäuser mit strohgedeckten Walmdächern dar. Sie verfügen über zwei oder drei Stockwerke und wenigen Holzvorsprüngen.
Die Walserhäuser in den piemontesischen Alpen und im Aostatal befinden sich am Fuße des Monte Rosa. Sie sind aus Stein und Holz gearbeitet und ähneln stark den alpinen Haustyp. In vielen Bergdörfern im Piemont finden sich heute noch ganze Walsersiedlungen wie zum Beispiel in Rimella und San Gottardo, Macugnaga, Gressoney und in der Gemeinde Alagna Valsesia.
Ebenso weit verbreitet ist der neuere schlichtere Haustyp, der mehrstöckig ist und oftmals eine farbliche Fassade hat. Gelbtöne sind dabei vorherrschend.
Der Hof als ältester Wohntyp
Zu den Agrarkomplexen gehören indes der älteste Wohntyp, der Hof, die cascina, die über mehrere Gebäude, Wohnungen, Ställe und Scheunen verfügt. Dieser Typ ist auf dem Land weit verbreitet, insbesondere in Süditalien. In der Regel ist der Hof mit einer beachtlichen Entwicklung der Viehzucht oder der Milchwirtschaft verbunden, oder aber auch mit Getreidekulturen, Reis und Zuckerrüben, früher auch Hanf.
In der emilianischen und venezianischen Ebene sind Haus, Scheune und Stall stets voneinander getrennt, oft auch mit Hecken umgeben und generell größer in ihren Dimensionen.
In der Toskana hingegen grenzen etliche Gebäude aneinander an, die allesamt um das Haus des Landwirts oder des Besitzers angeordnet sind. Das Hauptgebäude ist nicht selten quadratisch gehalten und verfügt über Loggien und einen Säulengang.
Im Piemont existieren noch heute große Höfe, die in der Regel durch eine hohe Mauer umgeben sind, oft sogar über eine kleine Kapelle und eigen Schule verfügten und Wohnräume, Häuser, Stallungen sowie Lagerräume und Werkstätten aneinander gereiht sind. Bis in den 60er, zum Teil auch 70er Jahren lebten die Mondine, die Reishelferinnen, saisonal mit in den Höfen, weshalb sich die Cascine teilweise zu einem riesigen Wohnkomplex entwickelten. Noch heute existieren diese großen Höfe verstreut im Piemont.
Die charakteristischen Taubentürme
Etwas Besonderes sind die in der westlichen Emilia, Valdarno und Sannio charakteristischen Taubentürme und -türmchen, die sogenannten colombara oder auch piccionaia. Häufig sind die Türme so groß gehalten, dass Experten darauf schließen, dass diese in früheren Zeiten nicht nur als Taubenschlag genutzt wurden, sondern vielmehr als Verteidigungsanlage.
In alten Bauernhöfen sind solche Verteidigungsanlagen und -strukturen keine Seltenheit. So besaßen zum Beispiel Bauernhöfe in Apulien, im Latium oder Höfe der Lombardei und Friaul diverse Verteidigungseinrichtungen. Grund dafür war die schlechte Sicherheitslage.
Heute findet man nur noch vereinzelt gut erhaltene Taubentürme wie beispielsweise in Buonalbergo, Crespallano via Confortino, in der Provinz Frosinone und im Castello di Fenis.